Web-Reality-Check: 12 Schlüssel-Fragen
Der Web-Reality-Check ist ein strategisches Instrument zur kritischen Selbsteinschätzung von Internet-Projekten – egal ob das Projekt erst geplant oder bereits umgesetzt ist.
Aufgrund unserer jahrelangen Erfahrung in diesem Bereich haben wir für Sie 12 Schlüssel-Fragen zusammengestellt und detailliert beschrieben, mit zahlreichen praktischen Beispielen und Fallstudien, verständlich erklärt. Es sind nur 12 kurze Fragen, die in wenigen Minuten beantwortet sind – die aber unserer Meinung nach in vielen Fällen entscheidend über Erfolg oder Misserfolg von Web-Projekten sind.
1) Ist Ihre Zielgruppe online oder wird sie es zeitnah sein?
Zugegeben: Angesichts der Tatsache, dass das Internet in den meisten europäischen Ländern bereits von mehr als 80% der erwachsenen Bevölkerung verwendet wird (und alleine in Österreich bereits 6,1 Millionen Österreicher das Internet mehrmals pro Woche verwenden), klingt diese Frage etwas banal.
Doch die kolportierten Internet-Reichweiten sind oft mit Vorsicht zu genießen: In manchen Statistiken wird jemand, der in den letzten 3 Monaten ein einziges Mal (!) online war, bereits als „Internet-User“ gezählt; ein realistischer Wert für die Internet-Nutzung (wenn man beispielsweise eine wöchentliche Nutzung als Kriterium definiert) ist in manchen Zielgruppen noch immer erheblich niedriger.
Und die Durchschnittszahlen täuschen auch oft darüber hinweg, dass es nach wie vor Teile der Bevölkerung gibt, die nicht (ausreichend) online sind. In Österreich ist die Zielgruppe 70+ beispielsweise zu weniger als der Hälfte online – und wäre daher für Werbung an diese Zielgruppe nicht erreichbar.
Die Grundfrage lautet also: Welcher Prozentsatz Ihrer Zielgruppe ist tatsächlich und regelmäßig online?
In Wahrheit ist diese Frage, so banal sie klingt, von grundlegender Bedeutung für die Medienentscheidung und hängt vor allem von Ihrer Zielgruppen-Definition ab: Wen wollen Sie mit Ihrer Botschaft erreichen?
Das Internet ist immer noch ein relativ „junges“ Medium. Eine gute Quelle für Internet-Reichweiten in Österreich bietet der „Austrian Internet Monitor“ . Die Zusammenfassung ist kostenlos.
Damit wird das Internet für ein Produkt, das sich beispielsweise an Senioren mit einem dritten Gebiss richtet, vermutlich auch heute noch nicht das ideale Medium sein; und zur möglichst raschen breiten Bekanntmachung eines Massenproduktes (z.B. ein neuer Schoko-Riegel) wird sich auch heute noch TV oftmals besser eignen.
Das Internet ist wie kaum ein anderes Medium geeignet, mit geringen Streuverlusten Ihre Botschaft zu kommunizieren – aber nur, wenn Ihre Zielgruppe auch ausreichend online ist, um sie zu hören. Ist sie das?
2) Gibt es definierte Ziele und eine Strategie, um diese Ziele zu erreichen?
Ist das Internet (z.B. eine Website) wirklich die allerbeste Möglichkeit, um Ihre Ziele zu erreichen?
Kein Medium – auch nicht das Internet – ist ein Ziel an sich, sondern lediglich ein Mittel, um (kommunikative) Ziele zu erreichen. Damit sind die Ziele – Was soll erreicht werden? – für jedes Projekt von entscheidender Bedeutung, bilden sie doch die Grundlage für alle weiteren Schritte. Denn wenn man nicht genau weiß, wo man hin will, führt kein Weg zum Ziel.
Doch Ziele allein sind nicht genug; man braucht auch einen Weg, um zu den Zielen zu gelangen: Eine Strategie (unsere Ansichten dazu beschreiben wir in unserer Denkweise).
Die Strategie bestimmt dann auch die Medienauswahl, denn jedes Medium hat unterschiedliche Stärken und Schwächen: Für den raschen Aufbau eines Images sind klassische Medien wie TV aufgrund ihrer breiten Reichweite meist besser geeignet als das Internet; die interaktiven Medien wiederum bieten völlig neue Möglichkeiten, wenn es um die Entwicklung eines Dialoges geht.
Deshalb sollte man sich nicht vorschnell für ein Medium entscheiden, sondern zuerst genau die Ziele definieren und sich dann überlegen, wie diese Ziele – und mit welchen Medien – am besten erreicht werden können. Machen Sie das Medium von Ihrer Strategie abhängig – nicht umgekehrt!
Das Medium selbst ist jedenfalls noch keine Strategie; widerstehen Sie deshalb der Versuchung, nur deswegen im Internet zu sein, weil es alle anderen auch sind. Dann nämlich entstehen Sites wie somat.de: Eine unfassbar langweilige Produkt-Inszenierung, die völlig an den Bedürfnissen der Verbraucher und den Möglichkeiten des Mediums vorbeigeht. Was auch immer das Ziel war: Jede Alternative wäre vermutlich besser gewesen.
Darüber hinaus sollten Sie alle Möglichkeiten, die das Medium Internet bietet, in Betracht ziehen – denn das Internet bedeutet nicht automatisch nur „eine Website“. Auch Banner, Advertorials, Spiele, Chats oder Newsletter können effektvoll eingesetzt werden und sind eventuell ein besserer Weg, um Ihre Ziele zu erreichen, als das zweite YouTube zu bauen. Eine durchdachte Strategie ist dafür die wichtigste Voraussetzung.
3) Passt der Internet-Auftritt in die allgemeine (Kommunikations-) Strategie?
Kein Internet-Auftritt darf eine Insel-Lösung sein. Alle kommunikativen Maßnahmen sollten vielmehr aufeinander abgestimmt sein und ein einheitliches Gesamtbild Ihres Unternehmens (oder Ihres Produktes) vermitteln; die Botschaft wird dadurch auf verschiedenen Kanälen in unterschiedlichen Situationen von der Zielgruppe wahrgenommen.
Wie in einem Orchester kommen den verschiedenen Medien unterschiedliche Rollen zu, und der Effekt Ihrer Kommunikation wird so wesentlich verstärkt. Das nennt man Cross-Media-Marketing.
Ein einheitlicher Auftritt beginnt bei einem konsistentem Erscheinungsbild („Corporate Design“) nach innen und außen und endet bei den organisatorischen Rahmenbedingungen innerhalb des Unternehmens (z.B. aufeinander abgestimmte Datenbank-Systeme oder der allgemeine Kommunikations-Plan, der alle wichtigen Maßnahmen koordiniert).
Denn gerade die internen Prozesse sind bestimmend für den einheitlichen externen Auftritt!
Ein schönes Beispiel für ein wirklich einheitlich durchgezogenes Erscheinungs-Bild ist Absolut. Die schwedische Wodka-Marke tritt immer gleich auf: Etikett, Jahresbericht, Print-Anzeigen, Web-Site – einheitliche Farbwelt, immer wiederkehrende CD-Elemente; alles wirkt wie aus einem Guss.
Tipp: Gibt es für Ihren Unternehmens-Auftritt ein „Corporate-Design-Manual“? Ein solches Handbuch richtet sich an Grafiker und Agenturen und hält alle Vorgaben für die grafische Gestaltung Ihres Auftrittes übersichtlich fest (von Vorgaben für die Verwendung des Logos bis hin zu den erlaubten Schriften). Ein solches Manual ist nicht allzu viel Arbeit – doch es könnte Ihnen viel Arbeit und so manchen Ärger ersparen. (Gerne beraten wir Sie hier oder zeigen Ihnen Beispiele).
4) Nützen Sie wirklich die Möglichkeiten des Mediums aus?
Es klingt unglaublich, doch: In den Anfängen des Fernsehens waren die ersten Werbungen nur abgefilmte statische Print-Anzeigen, völlig bewegungslos. Der Grund: Man hatte einfach noch Schwierigkeiten, die neuen Möglichkeiten des Mediums Fernsehen (bewegte Bilder) auszuschöpfen.
So verschieden wie TV von Print ist, so unterschiedlich ist heute das Internet von den klassischen Medien. Es besteht kein Zweifel: Das Internet ist anders. Es hat, wie jedes andere Medium auch, seine spezifischen Charakteristika, seine individuellen Gesetzmäßigkeiten, seine eigenen Vor- und auch Nachteile.
Viele Web-Projekte scheitern, weil man althergebrachtes Denken blind auf das neue Medium zu transportieren versucht, ohne die dem Medium eigene Gesetze zu beachten. 99% aller Online Werbe-Banner sind dafür ernüchterndes Beispiel.
Ein Musterbeispiel für eine Site, die von den neuen Möglichkeiten hervorragend Gebrauch macht, ist der Online-Händler Amazon: Dort werden Sie persönlich begrüßt, bekommen individuelle Kauf-Empfehlungen, können Rezensionen der „Community“ lesen, und von der Produktsuche bis zum Kauf können Sie die gesamte Transaktion online abwickeln. E-Mail Anfragen werden meist innerhalb weniger Stunden beantwortet und umfangreiche dynamische Kundenprofile erlauben cleveres Cross-selling (die Empfehlung von Produkten auf Basis der Kaufgewohnheiten von anderen Menschen mit ähnlichen Interessen).
Natürlich muss nicht jede Website ein „Amazon“ sein! Aber glauben Sie, dass Sie heute mit einer TV-Werbung Chancen hätten, die nur eine abgefilmte Print-Anzeige ist?
Tipp: Es gibt eine einfache Frage, die Sie sich (und Ihrer Agentur) stellen sollten, wenn Ihnen ein Konzept präsentiert wird: „Könnte dieses Konzept genauso gut in einem anderen Medium realisiert werden?“ Falls Sie diese Frage mit „Ja“ beantworten müssen, dann ist das Konzept vermutlich einfach noch nicht gut genug.
Dazu folgendes Beispiel eines Werbe-Banners für eine Automarke:
Der Online-Banner zeigt abhängig vom Standort des Besuchers das aktuelle Wetter an und stellt das Auto damit passend zur aktuellen Wettersituation dar, gemeinsam mit Angabe des Ortes und der Temperatur. Das macht den Banner personalisiert und dynamisch und damit relevanter; das wäre mit Print oder anderen Medien in dieser Form technisch nicht umsetzbar.
5) Gibt es für Ihre Zielgruppe einen guten Grund, um Ihren Internet- Auftritt zu besuchen?
Sprechen Sie ein tatsächliches Bedürfnis Ihrer Zielgruppe an?
TV-Werbung unterbricht Spielfilme, Radio-Spots das Musikprogramm, Print-Anzeigen „unterbrechen“ Zeitschriften. Offensichtlich muss Konsumenten die Werbung aufgezwungen werden, damit sie wahrgenommen wird (für diese Art von Werbung hat sich deshalb auch der Begriff „Unterbrecher-Werbung“ etabliert).
Doch im Internet können Sie keinen Konsumenten zwingen, auf Ihre Website zu gehen. Sie müssen ihm etwas bieten, damit er aktiv die Adresse Ihrer Website eingibt oder auf Ihren Newsletter öffnet. Es geht um Erlaubnis, nicht Unterbrechung; es geht um “ Permission Marketing“ (ein Begriff, den Seth Godin mit seinem gleichnamigen Buch prägte).
Kurz gesagt: Es geht um Ihre Zielgruppe, nicht um Sie. Es geht um das tatsächliche Bedürfnis, sei es Unterhaltung, Information, Meinungsaustausch, Selbstverwirklichung oder eine Dienstleistung; wenn Sie keinen Mehrwert bieten bzw. kein Bedürfnis befriedigen, werden Ihre Kunden nicht kommen.
Tipp: Interaktive Applikationen können mehrfach verwendet werden und bleiben damit laufend interessant. So wurde z.B. mit der Rezept-Datenbank und dem Speisenplaner für thea.at ein echter Dauerbrenner entwickelt: Die Site selbst verändert sich wenig, aber die Applikation ist durch ihre individuelle Anpassungsfähigkeit bei den Usern sehr beliebt und bleibt auch nach vielen Besuchen noch interessant. Mehr dazu in unserer Fallstudie.
Also: Warum sollten Ihre Kunden Ihre Website besuchen?
6) Gibt es für Ihre Zielgruppe einen guten Grund, um Ihren Internet-Auftritt wiederholt zu besuchen?
Sie haben sich etwas einfallen lassen und Ihrer Zielgruppe einen guten Grund geliefert, um Ihre Site zu besuchen? Das ist eine gute Nachricht!
Die schlechte Nachricht ist, dass es für Ihre Besucher auch einen guten Grund geben muss, um wiederzukommen. Denn das tolle Whitepaper, das man sich herunterladen kann oder das Gewinnspiel mit den teuren Preisen verlieren nach dem Download bzw. der Teilnahme ihren Reiz.
Doch auch beim zweiten, dritten oder vierten Besuch sollte die Site weiter relevant und interessant sein.
Das Online-Marketing-Forum.at, Anbieter für Online-Marketing Aus- und Weiterbildung, bietet auf seiner Website neben dem Seminarprogramm einen Blog mit über 600 Fachartikeln. Auch wenn ein Besucher gerade keinen unmittelbaren Seminar-Bedarf hat, wird er dennoch wiederkommen (und/oder den Newsletter abonnieren), wenn ihn das Thema interessiert.
Also: Warum sollten Ihre Kunden Ihre Website wiederholt besuchen?
7) Bieten Sie etwas an, das die Konkurrenz nicht auch (besser) anbietet?
Es gibt Millionen von Sites im Internet; das alles sind Konkurrenten von Ihnen, denn Ihre Zielgruppe kann nur eine Site zu einem bestimmten Zeitpunkt besuchen: Ihre oder eine andere.
Die Entscheidung darüber wird in durchschnittlich sieben Sekunden getroffen. Ein einziger Klick und Sie sind Ihren Besucher wieder los.
Also: Gibt es einen haltbaren Konkurrenzvorsprung?
Neben dem eigentlichen USP (Unique Selling Proposition) gibt es auch eine weitere Notwendigkeit: ständige Innovation und Erneuerung. Denn ein Konkurrenz-Vorsprung ist nur so lange ein Vorteil als er haltbar (engl. „sustainable“) bleibt. Sobald er kopiert oder nachgeahmt wird – mittlerweile gibt es beispielsweise Routenplaner wie Sand am Meer – schwindet der Vorteil dahin wie Schnee in der Sahara.
Dann gilt es, etwas Neues zu finden. Denn eigentlich ist es ganz einfach: Wenn Ihre Site nicht etwas anderes oder etwas Besseres bietet als die Konkurrenz, dann wird der Besucher die Konkurrenz besuchen – und nicht Sie.
Tipp: Verschießen Sie nicht gleich zu Beginn ihr ganzes Pulver. Entwickeln Sie interaktive Applikationen oder interessanten Content, aber stellen Sie nicht unbedingt alles gleich zu Beginn ins Netz: Wenn Sie manche Bereiche erst nach und nach online stellen, bleibt Ihre Website so auch länger interessant.
8) Existiert für Wartung und Erweiterung Ihres Internet-Auftrittes eine Infrastruktur?
Ein TV-Werbefilm ist fertig, sobald er abgedreht ist und gesendet wurde. Die Print-Anzeige wird nicht mehr verändert, sobald sie die Druckerei verlassen hat.
Doch im Gegensatz zu den klassischen Medien ist die Arbeit bei einer Website nicht getan, wenn sie „online“ geht: Inhalte müssen erneuert werden, zeitlich begrenzte Aktionen ausgetauscht und Funktionalitäten erweitert werden, um die Site auch langfristig für ihre Besucher interessant zu halten.
Diese Aktualisierung verlangt nach entsprechenden Mitteln (Personal, Budget, Organisation) und adäquaten Prozessen: Es sollte frühzeitig definiert werden, welche Teile der Site in welchen Abständen durch wen aktualisiert oder erweitert werden.
Tipp: Ein einfaches, aber sehr effizientes und zielführendes Instrument ist ein Content-Plan: In einem solchen Plan wird schon bei der Konzeption der Website festgelegt, welche Teile der Site in welchen Abständen durch wen aktualisiert oder erweitert werden. Auf diese Weise können die Aktualisierungen abgestimmt und rechtzeitig geplant werden, ohne dass es zu störenden Mehrgleisigkeiten kommt.
Aktuell und relevant zu sein bedeutet aber keineswegs, dass ständig alle Texte oder andere Inhalte überarbeitet werden müssen. Dynamische Datenbanken oder intelligente Dienste sorgen dafür, dass eine Site für Ihre Besucher auch längerfristig attraktiv bleibt (das Beispiel Thea Online haben wir bereits erwähnt).
Und wenn Sie wirklich clever sind, lassen Sie ihren Content sogar durch die Besucher Ihrer Site selbst erzeugen! Die österreichische Tageszeitung derStandard zeigt es vor: Die registrierten User können zu jedem Artikel ihre Kommentare posten, von Meinungen bis zu weiterführenden Links. Das ist oftmals sehr wertvoller Content, der die Website bereichert – aber im Grunde nichts kostet (außer das technische System dahinter und ggfs. Arbeitszeit für die Moderation).
9) Gibt es eine Strategie, um Besucher zu Ihrem Internet-Auftritt zu bekommen?
Der beste Internet-Auftritt und die genialste Site sind wertlos, wenn niemand davon erfährt. Mit Hilfe einer Media-Strategie und cleverem Site-Marketing muss erreicht werden, dass die Zielgruppe erstens von der Website erfährt und zweitens genügend Gründe geliefert bekommt, um die Site auch tatsächlich zu besuchen.
Die Media-Strategie sollte sich dabei keineswegs auf „Werbung im Internet“ beschränken. Es gilt, den Konsumenten über mehrere Kanäle zu verschiedenen Zeiten in unterschiedlichen Situationen zu erreichen – und so die Botschaft nachhaltig zu kommunizieren. So können sich die verschiedenen Medien ergänzen, anstatt sich zu bekämpfen.
Ob Sie nur die Adresse Ihrer Website auf die Produkt-Verpackungen drucken oder eine ganze Marketing-Kampagne für den Launch Ihrer Site starten – der rote Teppich will gelegt sein.
Renault konnte beispielsweise die Zugriffe auf seine Website dramatisch steigern, indem Print-Anzeigen geschaltet wurden, auf denen nur ein Motorblock mit der URL der Website zu sehen war.
Eine sehr interessante Variante des Site-Marketings ist das sogenannte „virale Marketing“. Darunter versteht man eine Art „Schneeball-Effekt“: Man probiert eine Kampagne zu entwickeln, damit die Besucher einer Site selber für die Site Werbung machen: Einer sagt es dem anderen, und der sagt es wiederum an drei weitere Freunde weiter, usw. In früheren Tagen hätte man so etwas Mundpropaganda genannt; heute macht es das Internet möglich, dass sich Informationen wie ein Lauffeuer in kürzester Zeit verbreiten. Millionen von Menschen werden erreicht, ohne klassische Werbekampagnen, PR oder Werbe-Banner.
Ein spektakuläres Beispiel für erfolgreiches Viral-Marketing ist der Online-Zahlungsdienst PayPal: Über PayPal können Sie an jede E-Mail Adresse in den USA und in vielen europäischen Ländern Geld per E-Mail versenden. Der Empfänger bekommt die erfreuliche Nachricht „You’ve got cash!“ und muss sich bei PayPal anmelden, will er in den Genuss der Überweisung kommen. Auch wenn er vorher noch nie von dem Service gehört hatte, wird er sich zweifellos für PayPal interessieren, ohne dass PayPal dafür auch nur einen Dollar an Marketing-Kosten investieren musste. Auf diese Weise generierte PayPal innerhalb von knapp einem Jahr nach dem Launch mehr als 6 Millionen Kunden!
10) Existiert eine schlagkräftige Organisation, um mit Besucher-Reaktionen umgehen zu können?
Wer „a“ sagt, muss auch „b“ sagen. Wer in einem interaktiven Medium präsent ist, muss auch damit rechnen, dass Interaktion stattfindet – und die notwendige Organisation bereitstellen, um damit umgehen zu können.
Zahlreiche Studien belegen, dass viele Unternehmen nicht in angemessener Zeit – oder manchmal sogar gar nicht – auf Kundenanfragen reagieren. Der Hauptgrund ist in den meisten Fällen, dass die Organisation nicht auf die neuen Realitäten eingestellt ist, keine Prozesse definiert wurden und die entsprechende Infrastruktur fehlt (z.B. Software für das Antwort-Management). Kunden werden so enttäuscht und der Image-Schaden ist vorprogrammiert.
Hinzu kommt, dass sich die Kundenerwartungen verändert haben: Früher beschwerten sich Konsumenten bei ihren Nachbarn und waren zufrieden, wenn das Unternehmen nach einer Woche eine vorgefertigte Antwort schickte. Heute platzieren Konsumenten ihre Beschwerden auf Facebook & Co., haben damit sofort eine weltweite Reichweite und erwarten eine persönliche Antwort innerhalb von wenigen Stunden.
Das stellt Unternehmen vor völlig neue Herausforderungen. Sie müssen die organisatorischen Voraussetzungen schaffen – von den Mitarbeitern über die Prozesse bis hin zu den technischen Werkzeugen -, um prompt antworten zu können.
Doch Sie sollten das nicht als Bedrohung oder notwendiges Übel sehen, sondern auch als Chance! Eine gewaltige Chance für den Aufbau eines Dialoges – denn genau deshalb sind Sie ja im Internet präsent, oder?
11) Gibt es einen Kontroll- und Verbesserungs-Kreislauf?
Keine Website und keine Kampagne ist perfekt, wenn sie „online“ geht. Die verfügbaren Technologien, akzeptierte Standards und vor allem die Erwartungen der Konsumenten verändern sich ständig – und machen eine laufende Anpassung des Internet-Auftrittes notwendig.
Kaum ein anderes Medium bietet so viele Möglichkeiten, um Erfolg und Misserfolg einer Kampagne zu messen. Innerhalb kürzester Zeit wissen Sie, ob Ihre Internet-Site besucht wird oder Ihre Zielgruppen auf Ihren Werbe-Banner klickt. Ziele können so laufend überprüft und Maßnahmen gegebenenfalls angepasst werden. So bleibt die Lösung auch bei geänderten Rahmenbedingungen auf Kurs und langfristig erfolgreich.
Eines der wichtigsten Hilfsmittel zur Zielüberprüfung ist die laufende Analyse der Web-Statistiken wie zum Beispiel Google Analytics. Zugegeben: Die richtige Interpretation dieser Daten ist leider nicht ganz einfach; wenn Sie dazu Fragen haben, beraten wir Sie gerne.
Mit Hilfe dieser Tools können Sie Ihre Ziele stets im Auge behalten und gegebenenfalls korrigierend eingreifen; die Voraussetzung ist natürlich, dass Sie sich auch regelmäßig mit diesen Tools auseinandersetzen. Tun Sie das?
12) Lassen sich neue Erlösquellen erschließen oder bestehende Prozesse verbessern?
Anders formuliert: Wirkt sich Ihr Internet-Auftritt positiv auf das Geschäftsergebnis aus?
Das Internet ist ein überaus mächtiges Medium und bietet spannende neue Möglichkeiten für Kommunikation. Doch es schafft auch Raum für völlig neue Business-Modelle (d.s. neue Möglichkeiten um Geld zu verdienen) oder bietet Möglichkeiten zum Optimieren von bestehenden Geschäfts-Prozessen.
Das klingt abstrakt und unrealistisch? Dann haben wir ein paar Beispiele für Sie:
Die Deutsche Anwaltshotline ist die Site eines Zusammenschlusses von deutschen Anwälten, die erkannt haben, dass für viele kleinere Rechtsfälle keine persönlichen Termine notwendig sind; kompetente Beratung kann auch online stattfinden. So bekommt man innerhalb von 24h eine Preisauskunft für das Anliegen – und nach einem „OK“ eine juristische Beratung per E-Mail. Eine Win-Win-Situation für beide Seiten.
Auf zoll-auktion.de können Sie beispielsweise Zollgut online ersteigern, wie bei einer „normalen“ Online-Auktion auch (z.B. eBay). Die Zollbehörde erspart sich dadurch teure physische Versteigerungen und erhöht darüber hinaus dramatisch den Kreis der Menschen, die Zollgut ersteigern können.
Die Bandbreite an Möglichkeiten reicht von der Senkung von Kostenfaktoren über das Optimieren bestehender Prozesse bis hin zur Erschließung völlig neuer Erlösquellen. Mit anderen Worten: es geht darum, neue kreative Möglichkeiten zu finden, um altmodisches Geld zu verdienen.
Web-Reality-Check: Eine Schlussbemerkung
Sie sind nun am Ende des Web-Reality-Checks angelangt! Wir hoffen sehr, dass wir Ihnen damit einige Denkanstöße und gute Argumente für Diskussionen (mit dem Chef oder der Agentur) geben konnten.
Wenn die eine oder andere Frage offen geblieben ist, verzweifeln Sie nicht. Wir helfen Ihnen gerne weiter – kontaktieren Sie uns einfach!
Der Web-Reality-Check in der Praxis
Wir selber setzen den Web-Reality-Check auch für unsere Projekte ein; bereits in der Konzeptionsphase muss jede Idee diesen Test bestehen. Wie das in der Praxis aussieht, können Sie sich anhand konkreter Fallstudien ansehen: Zum Beispiel Ben & Jerrys.